Über die beeindruckende Rio-Andirrio-Brücke führt der Weg uns über Patras auf den Peloponnes nach Kyllini. Die 2004 eröffnete 2883 m lange Brücke sorgte lange für Aufsehen, weil es vor ihr für schier unmöglich gehalten wurde, eine Brücke in einem Erdbebengebiet über eine 2,5 km breite und 65 m tiefe Meerenge ohne stabilen Boden zu bauen. Der erste Spatenstich erfolgte 1998, 6 Jahre später wurde die Brücke mit einer großen Zeremonie und glücklicherweise kurz vor dem Beginn der Olympischen Spielen eingeweiht.
Unser Ziel war Kyllini Beach, der Robinson Club an der Westküste des Peloponnes sollte der Abschluss unserer langen Griechenland Tour werden. Nach sehr langer Zeit nur mit ihren Eltern, wollten wir unserer Lena mal wieder Zeit mit anderen Kindern gönnen. Aus ihrer Sicht war unser Trip immer wieder spannend, voller Abenteuer und tollen Ereignissen. Doch sehnte sie sich immer wieder sehr nach Spielkameraden.
So auch wir. Und deshalb freuten wir uns um so mehr, dass auch unsere Freunde aus der Heimat für 10 Tage angereist kamen, um die Zeit mit uns zu verbringen.
Wenn man unterwegs ist, vergeht die Zeit im Flug. Man erlebt viel, man sieht viel, neue Eindrücke lenken die Gedanken, Sichtweisen und Einstellungen beginnen sich zu verändern. Man hat sehr viel mit sich selbst zu tun, überlegt, überdenkt, nimmt sich vor, ist zufrieden oder will verändern, reflektiert sich selbst und sein Leben.
Unter anderem redeten Fritz und ich häufiger über das Thema Freundschaft. Es meldeten sich Menschen regelmäßig bei uns, mit denen wir nicht gerechnet hatten. Und die, von denen wir es erwarteten, blieben stumm. Das lenkte unseren Blick auf unser eigenes Verhalten und unsere Einstellung. Und wir merkten, dass es sich lohnt, darüber nachzudenken, was man unter Freundschaft versteht und wie man diese im Alltag als selbstverständlich hinnimmt. Es gibt Freundschaften, die sind unantastbar, die sind besiegelt und gelten ein Leben lang, weil das gemeinsam erlebte so wichtig, so prägend oder einfach so lang war. Doch was macht Freundschaft aus? Ist es nicht mehr, als nur das Vergangene? Wie lenkt man das Augenmerk wieder auf die Gegenwart? Oder ist es berechtigterweise irgendwann nur noch die Gewissheit, dass man auf denjenigen zählen kann, wenn man in der Klemme steckt? Sieht so Freundschaft in unserem Alter, in unserer Lebenssituation aus? Nur was ist mit der Zeit zwischen den brenzligen Situationen? Die zählen natürlich auch, schöne Momente verbinden schließlich, sie festigen das Band der Freundschaft. Nur vergessen wir es, diesen schönen Momenten Zeit zum Geschehen zu geben. Unser Alltag, den wir mittlerweile alle im positiven wie negativen Stress des Familien- und Berufslebens verbringen, lässt uns vergessen, etwas Zeit abzukappen und aus der eigenen Bubble herauszukommen, um mal nachzuschauen, was die anderen so machen. Zu selten trifft man sich, oft muss es lange geplant werden, weil der Termindruck auf jedem von uns lastet. Der Job, der Partner, die Familie, die Kinder stehen im Mittelpunkt unseres Zeitmanagements. Und das ist schon eine ganze Menge, das sich in jenem Mittelpunkt tummelt, da muss die Freundschaft erst einmal warten. Verständlich, man kann sich ja schließlich nicht zerreißen. Doch wo ist die Leichtigkeit von früher geblieben, als wir uns selbstverständlich täglich, mindestens wöchentlich sahen, hörten, etwas miteinander unternahmen? Kommt man da je wieder hin zurück?
Für Fritz und mich sind Freundschaften sehr wichtig, weshalb sich für uns bisher zwei Erkenntnisse ergaben:
Die erste ist, dass wir das Glück, auf unserem neuen Weg neue Freundschaften schließen zu dürfen und dafür offen zu sein, wertschätzen. Wir wurden bisher sehr positiv überrascht Sei es von jenen, die sich plötzlich regelmäßig von daheim aus nach uns erkundigen oder jenen, die uns auf unserem Weg zufällig begegnen.. Oft denken wir an Vasili und seine Frau, die uns so unglaublich herzlich und großzügig ihr Land gezeigt haben. An Timo und Julia mit ihrer entzückenden Tochter Marisa, die eine herzliche Freundschaft mit unserer Lena schloss. Außerdem haben wir Meike und Alex kennengelernt mit ihren reizenden Kindern, die vier sind auch auf Reisen in diesem verflixten Jahr. Wir sind in regem Austausch und treffen uns immer wieder. Vielleicht wird es sogar ein gemeinsames Abenteuer geben, wir sind in der Planung. Andreas und Yvonne, mit ihnen haben wir eine intensive Zeit auf Fuerteventura verbracht. Wir hoffen, dass die Liste noch länger wird, dass noch viele Menschen unser Leben mit ihren spannenden Geschichten und Ideen bereichern werden und sind sehr gespannt auf das, was da noch kommen mag.
Was mich zu unserer zweiten Erkenntnis bringt: Dass wir in unserem Leben mit sehr vielen sehr liebenswürdigen Menschen gesegnet worden sind, die zusammen unseren Freundeskreis bilden. Manche mehr, manche weniger intensiv, manche schon fast familiär und nicht mehr wegzudenken. Und wir haben uns vorgenommen, uns immer über dieses Glück bewusst zu sein und uns darüber zu freuen, dass sie zuhause sind und den Kontakt zu uns suchen, dass sie neugierig sind und sich um uns sorgen. Und dass sie sogar ins Flugzeug steigen und uns besuchen kommen.
Wir danken Euch allen von Herzen und sind froh über die Freundschaft zu Euch allen.
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Leonie (Sonntag, 20 Dezember 2020 21:21)
Liebe Barbara,
wie immer ist dein Bericht sehr interessant - wenn auch diesmal unter einem völlig anderen, nämlich philosophischen Aspekt. Zum Thema "Freundschaft" gibt es ein paar treffende Aussagen im Buddhismus:
"Die 4 Arten von wahren Freunden nach Buddha
Ein wahrer Freund kann uns das Leben retten. Ein falscher tief ins Unglück stürzen, wenn wir nicht aufpassen.
Aber woran erkennen wir, wer wahr ist und wer falsch für uns?
Im Sigalovada Sutta, einem Teil der Lehrreden Buddhas, unterscheidet Buddha vier Arten von wahren Freunden.
„Junger Mann, sei Dir der vier Arten von gutherzigen Freunden bewusst: dem Helfer; dem Freund, der in guten und schlechten Zeiten bei Dir bleibt; dem Mentor und dem mitfühlenden Freund.
Den Helfer erkennst Du an vier Dingen: Er beschützt Dich, wenn Du verletzbar bist, ebenso Deinen Wohlstand, bietet Dir Zuflucht, wenn Du Angst hast und versorgt Dich manchmal mit dem Doppelten, nach dem Du gefragt hast.
Der beständige Freund zeigt sich an diesen vier Dingen: Er erzählt Dir Geheimnisse, bewacht Deine eigenen Geheimnisse mit großer Sorgfalt, verstößt Dich nicht in Zeiten des Unglücks und würde vielleicht sogar für Dich sterben.
Auch den Mentor erkennst Du an vier Dingen: Er hält Dich von Missetaten ab, führt Dich in Richtung guter Handlungen, sagt Dir, was Du wissen solltest und zeigt Dir den spirituellen Pfad.
Der mitfühlende Freund zeigt sich an diesen vier Dingen: Er erfreut sich nicht an Deinem Unglück, er freut sich mit Dir über Glück, er hält andere davon ab, schlecht von Dir zu sprechen und unterstützt jene, die Deine guten Eigenschaften wertschätzen.“
Welche Freunde hast Du in Deinem Leben? Und welch Art von Freund würde Dir gerade am meisten gut tun?"
Meine eigenen Erfahrungen zu diesem Thema:
Freundschaft braucht Pflege, Nähe, Zeit und gleiche Interessen bzw. Lebensumstände.
Leider zerbrechen Freundschaften schnell, wenn ein oder zwei dieser Punkte vernachlässig werden oder nicht mehr gegeben sind (wobei man sich die Frage stellen kann oder muss, ob es dann wirklich Freundschaft war). Es gibt nur ganz wenige Menschen, die man weiter als Freund bezeichnen kann, wenn mehrere dieser Faktoren nicht mehr gegeben sind.
Ich habe diese Erfahrung zum ersten Mal gemacht, als ich vor vielen Jahren aus dem Saarland nach Rheinland-Pfalz gezogen bin, um im Schuldienst tätig zu sein.
Aber außer der räumlichen Distanz, spielten in meinem Leben auch andere Dinge eine Rolle, z. B. dass Veränderungen nicht in die "Schablone" der Anderen passten, Ein Thema, über das man lange nachdenken, diskutieren und reflektieren kann!!!
Mein Fazit: Freundschaft ist ein unglaublich wichtiges Gut, Aber es ist harte Arbeit sie zu bekommen und vor allem zu erhalten!
So, liebe Barbara, jetzt wünsche ich dir, deinem Mann und Lena wunderschöne - wenn auch sehr ruhige - Feiertage und einen guten Wechsel in das hoffentlich entspanntere Jahr 2021 (zumindest zum Ende hin). Von ganzem Herzen wünsche ich euch, dass ihr spätestens im Frühjahr eure Reisen fortsetzen und viele spannende und schöne Abenteuer und Erfahrungen sammeln könnt.
Fühle dich umarmt!!!